9.25 h Ankunft Klink
9.30 h Termin (angesetzt)
Der Professor läuft an mir vorbei: „Heute ganz alleine?“ Ich: „Häh?“
Die Fugen lösen sich aus den Modulwänden des Wartezimmers.
Ich blättere in einer Zeitschrift namens H.O.M.E.
9.55 h
Termin = Besprechung & Blutabnahme .
Der Professor: „Ich hatte Sie mit jemandem verwechselt, der kommt immer mit seiner Frau, die ist hier Patient.“ Zum Assistenzarzt: „Sieht er nicht genauso aus? Sie hätten ihn doch sicher auch verwechselt?“ Assistenzarzt bestätigt pflichtschuldigst.
10.05 h
Ab zur Patientenaufnahme. Vulgo: Warmlaufen für den Klinikalltag.
10.20 h
Patientenaufnahme gefunden, befindet sich wegen Umbau in der Kinderchirurgie. Eingang durch eine Glastür, die nur aufgeht, wenn man die nähere Umgebung geistesgegenwärtig nach einem elektrischen Türöffner absucht, diesen findet und drückt. Oder die wild hinter der Scheibe gestikulierenden Mit-Patienten-Anwärter richtig interpretieren kann. Dahinter ein Gang mit 2 Türen. Darauf steht Aufnahme 1 & Aufnahme 2.
Ich hegte die Annahme, dass hinter Aufnahme 2 auch jemand sitzt. Pustekuchen.
Alle warten vor Aufnahme 1.
Eine Nummer gezogen, Leute abgezählt und erst mal den Kaffeeautomaten aufgesucht.
Warum bietet der Snackautomat daneben ausschließlich höchst ungesunde Fette, Zucker etc an? Braucht die Klinik noch ein paar adipöse Klienten mehr?
Drei Plätze neben mir saß ein älterer Herr in Patientenoutfit im Rollstuhl. Er hustet seltsam und auch sonst sind seine Geräuschabsonderungen sehr beunruhigend. Das ältere Ehepaar auf den anderen beiden Plätzen neben mir sucht sich neue Warteplätze. Jetzt kann der alte Mann mich barrierefrei anhusten. Zum Glück kommt er vor mir dran. Wir anderen können seine Aufnahmeprozedur akustisch verfolgen:
Sie :„Wohnort“
Er: „Häh?
Sie: „Sprechen sie Deutsch?“
Er : ( lautes Gemurmel)
Sie: „Wo kommen Sie her?“
Er: „Russland“
Sie: „Staatsangehörigkeit?
Er: „Moskau“
Sie: „Nein. STAATSANGEHÖRIGKEIT ! DEUTSCHER oder RUSSE?“
Er: „Russland“
Sie: „Aha. Verheiratet?“
Er: „Häh?“
Sie : „Haben Sie eine Frau?“
Er: „Allein.“
Ich gehe noch mal zum Kaffeeautomaten. Und hole mir einen Schokoriegel dazu. Für die Nerven. Und für noch ein paar lustige Szenen mit vom Organisationsgrad der Klinik verwirrten Patienten.
11.55 h
Ich bin dran. Papiere ausfüllen und der Dame lauschen, die den Grund für das Chaos in Sparmaßnahmen und Kündigungswellen sieht. „Ist die Dame von Aufnahme 1 auch gekündigt?“ will ich wissen. „Nein“, sagt sie „die ist krank. Ersatz gibt´s nicht.“ Im Computer hat sie eigentlich schon meine Daten und bis auf eine falsche Ziffer in meiner Telefonnummer und dem falschen Familienstand ist sogar alles richtig!
Meine Laufzettelsammlung wird größer. Jetzt muss ich in die Anästhesie im 6. Stock.
12.10 h
Sofort gefunden. Die Dame lächelt mich an, schaut in den Monitor und sagt: „Wir haben Sie schon erwartet. Den Arzt auch, aber der war seit 2 Stunden nicht mehr hier. Sie können ja schon mal DAS DA im Wartezimmer ausfüllen.“ Im Wartezimmer erklärt mir eine einsame, ranzige „Neue Revue“, warum junge Frauen auf alte Männer stehen. Der Arzt taucht auf. Ich verabschiede mich von Oda Immendorfs hübschem Foto und gehe ihm hinterher. Er nimmt noch 2 Patientinnen gleichzeitig vor mir dran, braucht dafür aber nur 3 Minuten.
Ich bestehe auf Vollnarkose, damit ich präoperativ den Klinikwahnsinn nicht mitbekomme und postoperativ noch etwas Zeit habe, mich an die Staubfäden, Wandflecken und -einbeulungen in den Zimmern zu gewöhnen. Solange sich keine „Staphylokokken“:http://de.wikipedia.org/wiki/Staphylokokken oder „Streptokokken“:http://de.wikipedia.org/wiki/Streptokokken an mir gütlich tun und auch „Sepsis“:http://de.wikipedia.org/wiki/Sepsis keine Chance hat, soll mir die Putzfrequenz der Klinik egal sein.
12. 25 h
Ich soll meine Zettelsammlung wieder bei der Patientenaufnahme im Erdgeschoss abgeben.
Dort angekommen, klopfe ich dreist und reiche die Blätter herein.
„Was soll ICH damit?“ meint die Dame verblüfft. Worauf ich nur ein „Anordnung von OBEN!“ erwidern kann. „Da liegt ein Fehler vor…“, meint sie und schickt mich auf die Station in der 3. Etage. Dort empfängt man mich zunächst freundlich, will aber auch den Papierstapel nicht entgegennehmen. Freundlich weise ich die Damen darauf hin, dass ich hier morgen einquartiert werden soll und dass langsam die Wirkung des Schokoriegels nachlässt. Ich kann die Papiere dalassen und werde mit einem seltsam fröhlichen: „Bis morgen !“ verabschiedet.
12.40 h
Im Taxi fällt mir auf, dass ich wirklich ALLE Papiere dagelassen habe, auch die für mich bestimmten.
13.10 h
Meine Frau bastelt mir ein Umhängeschild. Für alle Fälle.
Hallo Marc!
Super Fotos und coole Story – dumme Geschichte das mit deinem Knie!
Wünsche Dir gute Genesung und komm heile zum Stammtisch (:
Fishes
Tanja